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BN-Führung 22.8.2020 „Naturschutz bei der Waldbewirtschaftung“

31.08.2020

„Wer erinnert sich an den Sauren Regen und den Gestank nach Katzendreck überall im Fichtelgebirge?“ fragte Ursula Schimmel vom Bund Naturschutz bei ihrer Begrüßung. Der BN hatte eingeladen zur Führung „Naturschutz bei der Waldbewirtschaftung“ mit Wolfgang Schödel, Revierförster der Bayerischen Staatsforsten am Forstbetrieb Waldsassen. Es wurde ein spannender Nachmittag.

Die Geschäftsführerin des BN im Landkreis Tirschenreuth erinnerte an das erste Waldsterben. Vor 40 Jahren bedrohte die hohe Verschmutzung durch Schwefel in der Luft unsere Wälder und unsere Gesundheit. Und es stank fürchterlich. Der Bund Naturschutz stand damals im Mittelpunkt des Kampfes um saubere Luft.

Nun erleben wir das zweite Waldsterben, verursacht durch den Klimawandel. Wir werden dadurch einen großen Teil unserer Artenvielfalt verlieren. Es muss schnell gehandelt werden: den Klimawandel begrenzen und gleichzeitig unseren heimischen Pflanzen und Tierarten ein möglichst sicheres Umfeld schaffen. „Klimaschutz und Artenschutz gehören zusammen“ bekräftigte Schimmel.

Der Förster Wolfgang Schödel praktiziert das seit vielen Jahren. Er hat viele Nischen für gefährdete Pflanzen und Tiere in seinem Revier geschaffen, Beispiele davon zeigte er bei seiner Führung am Südhang der Kösseine.

Der erste Halt war an einen vielfältigen Waldrand. „Ein guter Waldrand ist eine halbe Hecke, ich habe 55 Kilometer davon im Revier.“ Mit einem stufenweisen Aufbau aus Kräutern, Sträuchern und Laubbäumen trotz so ein Waldrand Stürmen und beschützt den Wald dahinter, erklärte Schödel. Dazu bietet er Lebensraum für viele Tierarten und sieht auch noch schön aus.

Nächste Station war ein alter Teich, den der Biber wieder angestaut hat. Hier gab es neben dem offenen Wasser auch Sumpf, Feuchtwiese und Erlenwald. Solche Teiche halten Hochwasser zurück und füllen das Grundwasser auf.

Besonders spannend war der riesige Wurzelteller einer umgestürzten Fichte, dieser bietet Tieren eine Heimat, die es trocken und sonnig mögen, etwa Eidechsen, Wildbienen und bodenbrütende Vögel. Die abgestorbenen Fichten daneben sollen als Totholz stehen bleiben. In ihnen lebt eine Vielzahl von Insekten, von denen sehr viele auf der roten Liste der gefährdeten Arten stehen. Sie sind die Nahrung vieler Vögel, besonders der Spechte. Wenn die Bäume nach Jahren umstürzen werden sie von Pilzen, weiteren Insekten und unzähligen anderen Kleinstlebewesen weiter zersetzt. Übrig bleibt dann nur noch wertvoller Wasser- und CO2- speichernder Humus, sowie Nährstoffe für die neue Waldgeneration.

An vielen Beispielen erklärte Schödel die Gefahren des Klimawandels für den Wald. „Der Waldumbau muss schnell gehen, die Fichte wird nur in den feuchten, kühlen Senken und Nordhängen überleben. Fichten auf den Kuppen des Steinwalds wird es in wenigen Jahrzehnten nicht mehr geben. In den heißen trockenen Sommern bekommen sie auf den Granitböden zu wenig Wasser. Damit werden sie ein leichtes Opfer von Borkenkäfern und dem Hallimasch-Pilz“

Die Fichte sei schwierig zu ersetzen. Selbst Lärchen, Kiefern und Buchen wird es zu heiß, Eichen und Eschen werden von Schädlingen und Krankheiten geplagt. Am besten geeignet sei in unseren Mittelgebirgslagen die Weißtanne, aber sie wird sehr stark von Hirsch und Reh verbissen und müsste über viele Jahre geschützt werden.

In 20-30 Jahren könnten wir hier Wein anbauen, wir werden Temperaturen wie in Unterfranken haben. Deshalb testen die Förster neben anderen heimischen Baumarten auch Bäume aus den Karpaten, sie müssen Hitze, Kälte und Trockenheit aushalten. Insgesamt muss der Wald viel stärker durchmischt werden, denn nur viele verschiedene Baumarten können in Zukunft den Bestand des Waldes sichern, wenn einzelne Arten ausfallen oder neue Schädlinge auftauchen.

Zum Abschluss der Exkursion ging es zu den größten Buchen des Reviers, über 150 Jahre alt und bis zu 3 Meter Umfang. „Jede dieser Buchen ist ein ganzes Ökosystem und ich fürchte, dass sie die nächsten 10 Jahre nicht überleben! Es wird ihnen zu warm und zu trocken.“

Der Förster sorgt sich um die Zukunft seines Waldes und ruft daher zum entschlossenen Kampf gegen den Klimawandel auf. „Klimaschutz ist wichtiger als das Landschaftsbild!“ Es geht ihm nicht nur um den Schutz der Artenvielfalt und den Erhalt unserer Wälder: „Wenn der Meeresspiegel um 5 Meter steigt, dann werden 200 Millionen Menschen heimatlos. Wer wird sie aufnehmen?“